
Die grüne Lüge
Ein Ausschnitt aus einem Interview des Films „Die grüne Lüge“ von Werner Boote. Das Problem auf den Punkt gebracht…
Werner Boote:
Wir sind auf der Suche nach einer Richtlinie, wie man beim Einkaufen umweltfreundlich und fair sein kann. Dann schau ich mir an was hinter den Gütesiegeln steckt. Die meisten lügen, da steht dann das ist umweltfreundlich, grün oder was auch immer. Das Gütesiegel ist ein Schwindel, der Hersteller selbst hat das erfunden.
Jaj Patel (Autor, Professor, University of Texas):
Ich gebe ihnen Recht, es ist auf gewisse Weise wirklich erdrückend. Es wird so viel Wind um die Frage gemacht was richtig und gut ist. Vergessen wir mal Bio, sondern kann man das essen? Wer weiß schon wo das alles herkommt oder wie es produziert wurde oder irgendetwas darüber! Aber weiß ich, ob es gesund ist? Es hat wohl Vitamin A und D, aber vielleicht wurde es zu lange transportiert, dass es verdorben ist. Was zu Hölle geht hier ab?
Selbst bei ganz einfachen Fragen werden wir einerseits zu individuellen Konsumentscheidungen ermächtigt, anderseits werden wir von Informationen erschlagen. Entscheidet klug Leute, hier sind die Informationen, hier eine Broschüre, wir haben die Infos sogar auf Briefmarkengröße geschrumpft und wir kleben das drauf und da steht fair gehandelt. Delphinfreundlich, Heuschreckenkompatibel…. Man liest also eine verdammt lange Liste von Vorzügen und denkt „Das ist nicht fair!“. Stimmt, es ist nicht fair, wenn man Experte werden muss in Ernährung, Thermodynamik, Klimawandel, in Transportrecht, Arbeitsrecht, Ökologie, damit man diese Packung im Regal verstehen kann. Selbst, wenn es wahr wäre, was es gar nicht ist.
Es ist Mist, denn es reduziert alles auf eine individuelle Kaufentscheidung. Das sollte aber nicht sein. Es ist wie mit Fairtrade-Kaffee: „Ich kaufe Fairtrade-Kaffee!“. Weil die Alternative ist was? Arschloch-Kaffee! Kaffee, der die Kinder ausbeutet. Niemand will das. Jeder will faire Sachen kaufen, aber warum gibt es die Option? Warum müssen wir entscheiden Menschen nicht auszubeuten, Delphine nicht zu töten und so weiter? Warum müssen wir uns darüber Sorgen machen? Warum ist das nicht im Grundsatz der Gesetzgebung, damit es keine individuelle Entscheidung ist. Das erreicht man aber nur, wenn man es organisiert. Man kann durch einkaufen nicht Gesetze ändern.
Kathrin Hartmann:
Ich bin mit der Umweltbewegung in Deutschland aufgewachsen, mit der Anti-Atombewegung und da gab es viel Bewusstseinsbildung was Umweltprobleme angeht, aber trotzdem glauben die Menschen heute immer noch, das Einzige was man tun kann ist richtig einkaufen. Warum kommen wir da nicht weiter?
Jaj Patel (Autor, Professor, University of Texas):
Es ist ein schlechtes Zeichen für die Umweltbewegung, wenn die Menschen sagen „Ich bin ja nur eine einzelne Person, was kann ich schon ausrichten?“. Jeder kennt das. Das ist ein Zeichen, dass man so sehr von der eigenen Wirkungsmacht getrennt ist, dass man glaubt man sei allein. Das ist der bösartigste Effekt der modernen, grünen Konsumbewegung, dass das Gefühl verstärkt wird, man sei nur eine Einzelperson: „Tut mir leid, du bist zwar alleine, aber wenn du das kaufst, dann fühlst du dich viel besser!“
Werner Boote:
Genau, aber als Mensch komm ich einfach nicht drumherum ein paar Produkte zu kaufen. Was wäre für mich der Weg, um da irgendwie hinzukommen?
Jaj Patel (Autor, Professor, University of Texas):
Unhöflich gesagt ist ihre Frage: Wie können wir alles gleich lassen und trotzdem alles verändern?!…. Denn sie wollen, dass beim Einkaufen die Pringles-Chips biologisch und nachhaltig sind….
Werner Boote:
Aber was wäre die Alternative?
Jaj Patel (Autor, Professor, University of Texas):
Vielleicht keine Pringles. Ich sage nicht, keine Leckereien. Ich meine keine Produkte von Procter & Gamble. Um Pringles nachhaltig herzustellen, müsste der Preis vier bis fünf Mal höher sein oder noch mehr.
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Zum Film:
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