Gastbeiträge

Ein universelles Mittel für besseres Leben

Hallo, mein Name ist Maurice, ich bin 21 Jahre alt und erlerne einen therapeutischen Beruf. Es hat mich mittlerweile auf einen alten Bauernhof verschlagen, auf dem ich mit ca. 20 anderen Menschen in einer Hofgemeinschaft lebe. Wer es bis jetzt noch nicht geahnt hat: Ich bin es, der die Ehre hatte als Sohn meiner Mutter, der Gründerin dieser Seite, auf die Welt zu kommen. So lange ich mich erinnern kann war ich jemand, der viel nachgedacht und hinterfragt hat. Vor allem war ich dabei immer getrieben von der Frage, wie ein Mensch am besten durch sein Leben geht. Ich bin heute hier, um genau dazu ein Prinzip vorzustellen.

 


Ein universelles Mittel für besseres Leben

Gibt es so etwas überhaupt?

Wundermittel für Übergewicht, Konzentration, das Geheimnis für wahre Liebe, überall im Internet begegnet man solchen Versprechen. Und jetzt ein Universalmittel für besseres Leben? Unrealistischer geht es wohl nicht mehr.

Und unter uns: Ja, das stimmt. So einfach ist es dann doch nicht.

Nichtsdestotrotz bin ich überzeugt, dass jeder, der sich irgendwie unzufrieden fühlt mit seiner derzeitigen Lebenssituation, mit dieser Idee der Lebensdienlichkeit zumindest eine Chance für sich finden kann. Einen Zugang zu mehr Lebensqualität. Ganz egal ob die Probleme im Bereich Freunde, Familie, Partner, Beruf, oder wo auch immer liegen.


Lebensdienlichkeit

Die Bedeutung steckt weitestgehend schon im Namen. Es heißt Lebensinhalte dahingehend zu betrachten, ob sie für das eigene Leben förderlich sind. Um das beurteilen zu können, ist es nötig erst einmal mehr Klarheit über die Situation zu gewinnen. Dies kommt durch eine objektive Betrachtung und Reflexion zustande. Rationale und emotionale Gesichtspunkte werden dabei gleichermaßen miteinbezogen. Es ist ein mehrstufiger Prozess, in dem Stück für Stück mehr Verständnis entsteht.

Angenommen, ich gerate mit meiner Tochter immer wieder in Auseinandersetzungen. Dann kann ich erst einmal fragen: Was ist der Grund, weswegen ich wiederholt so aggressiv werde? Mache ich einen Fehler, dass ich z.B. ihre Wünsche nicht anerkenne oder ihr gar nicht zuhöre? Oder liegt die Wurzel des Problems außerhalb, dass sie sich z.B. gegen meine Meinung stellt, um ihre eigenen Werte zu finden.

Es kann sich also auf äußere Faktoren wie Beziehungen zu anderen Menschen beziehen. Aber die inneren Umstände sind oft sogar noch wichtiger. Was ist mit den eigenen Gewohnheiten, Ängsten, Neigungen? Sind sie sinnvoll oder schränken sie mich ein?

Wichtig ist, die Erkenntnisse daraus zu konstruktiven Überlegungen zu nutzen. Ohne Zweifel hat auch etwas Selbstmitleid, Wut und Trauer hier und da seinen Platz. Wird es aber nicht nach angemessener Zeit überwunden, entwickelt sich daraus nur noch ein weiteres Hindernis.

Wenn die beste Freundin sich wegen des neuen Partners distanziert, braucht sich niemand für den Frust darüber schuldig zu fühlen. Das Leben kann erschütternd und unfair sein. Der Ärger darüber ist ok und gesund, solange man sich nicht darin verliert.

 

Nun hat man diese emotionale Phase überwunden und sich ein klares Bild von der Situation gemacht. Jetzt ist es an der Zeit, konkrete Schritte zum Umgang mit den Schwierigkeiten zu finden.

Wie soll die Zukunft aussehen, welches Ergebnis wünsche ich mir? Wie kann ich mein Verhalten oder meine Umwelt umgestalten, um dem näher zu kommen?

Manches lässt sich im Außen erstmal nicht ändern, aber oft kann man sich auch vorerst daran anpassen, bevor die richtigen Türen sich öffnen. Das wäre dann in Form von Strategien, die ermöglichen, mit schwierigen Situationen besser umzugehen.

 

Um etwas weiter zu differenzieren, es muss nicht alles „Schlechte“ immer zwingend verschwinden. Zum Beispiel eine Angst vor Mäusen kann zwar etwas lästig sein, wird aber selten das Leben maßgeblich einschränken. Hat man panische Angst vor Hunden und hat der neue Partner gerade einen solchen Vierbeiner zuhause, sieht die Lage schon ganz anders aus.

Eine gewisse Weitsicht ist unverzichtbar, um erkennen zu können, wie manchmal momentan unangenehme Umstände sich langfristig sehr positiv auswirken können.

 

Für all die gestellten Fragen braucht es etwas Geduld. Die Antworten kommen nie sofort und oft nicht wie erwartet. Schlussendlich ist Veränderung ein Prozess, der unsere Offenheit und Flexibilität erfordert.

So müssen auch die Ergebnisse des neu ausgerichteten Handelns wieder auf Lebensdienlichkeit überprüft werden. Führen die eingeleiteten Schritte also wirklich zu einer Verbesserung oder sind die Resultate nicht wie erwartet? Ist zweites der Fall, heißt es herausfinden, was schiefgelaufen ist und die Situation von Neuem betrachten.

 

Nachdem ich selbst nun länger dieses Konzept angewandt habe, hat sich schon so etwas wie eine Grundhaltung daraus entwickelt. Es fällt oft schon ganz automatisch auf, wenn ein äußerer Umstand mich hemmt oder mein Verhalten nicht sehr förderlich für mich und andere ist.

 

Und das ist der zweite Aspekt, dem wir Beachtung schenken sollten. Nach der Überprüfung auf die Dienlichkeit für das eigene Leben ist auch die Konsequenz für das Leben der Mitmenschen zu bedenken. Ist mein Handeln denn nicht nur für mich, sondern auch für andere hilfreich und gut? Wenn sich beides vereinen lässt, hat man quasi einen Edelstein der Lebensdienlichkeit gefunden.

 

Fassen wir noch einmal zusammen:

  1. Klarheit über sich und das Problem entwickeln
  2. Den Wunschzustand vorstellen und die nötigen Schritte dahin identifizieren
  3. Diese Schritte in der Realität umsetzen
  4. Die Konsequenzen überprüfen
  5. Wenn nötig zurück zu 1

Gefahren

Als Menschen sollten wir nicht unsere eigene Fehlbarkeit und Ignoranz vergessen. Vielleicht deswegen ist so etwas wie ein unfehlbares Konzept einfach unmöglich. Auch das beste Mittel kann letztlich in den falschen Händen verkehrt werden. Und die Hände von fast jedem können zu den falschen werden, wenn man nicht aufmerksam bleibt. So lässt sich zum Beispiel auch unter der Idee der Lebensdienlichkeit schnell Rechtfertigung finden, alles was einem nicht ganz passt aus dem Leben zu verdrängen. Dann macht der Mensch es sich wieder sehr einfach und ignoriert all das wieder, woran er mithilfe des Mittels seiner Wahl arbeiten wollte.

Was ich hier kurz vor Schluss noch einmal ansprechen möchte, ist die Entwicklung von Achtsamkeit.

Sie gehört für mich zu den wichtigsten Grundlagen, um in der modernen Welt die richtige Haltung zu bewahren. Deshalb soll hier betont werden, wie nützlich die Übung von mehr Präsenz und Aufmerksamkeit ist. Es schafft das nötige Bewusstsein, zu realisieren, wann lebensdienliche Konzepte lebensfeindlich missbraucht werden. Egal, ob das nun durch die eigene Person oder durch andere geschieht. Der volle Umfang der Effekte reicht noch weit darüber hinaus, aber das verdient im Mindesten einen eigenen Beitrag.

 

Letztlich sei nur noch eines gesagt:

Leid ist meist sogar noch förderlicher für unser Leben und unsere Persönlichkeit als Glück. Aber dafür müssen wir lernen, gutes Leid und seinen Wert sowohl zu erkennen, als auch zu nutzen. Es als Teil unseres Lebens, unserer menschlichen Erfahrung akzeptieren und annehmen.

 

Titelbild stammt von Leonardo Valente. Das Copyright liegt bei ihm.

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